Zurück zum Beton?! - Mainzer Stadtplanung nicht im 21. Jahrhundert angekommen
Der Stadtrat hat am 5.2.2025 gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke sowohl die Änderung des Flächennutzungsplans sowie den Bebauungsplanentwurf H 98 (Schützenhaus Fort Gonsenheim) beschlossen.
Mit dem Bebauungsplan wird zwar der Bau von Wohnungen ermöglicht, allerdings zum Preis einer massiven Versiegelung des Baugrundstücks und dem Verzicht auf Spielplätze für Kinder. Die Planänderung wird damit begründet, dass oberirdische Stellplätze geschaffen werden müssen, weil die ursprünglich geplante Tiefgarage für den Investor unwirtschaftlich sei.
Der baupolitische Sprecher der Linksfraktion Martin Malcherek äußert sich dazu:
„Der Entwurf zeigt, dass die Stadtverwaltung nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist. Mainz gehört zu den am dichtesten versiegelten Städten in Deutschland. In Zeiten der Erderwärmung brauchen wir nicht noch mehr Versiegelung, sondern den aktiven Abbau versiegelter Flächen. Die Stadt muss mit dem Mittel des Bebauungsplans eine geordnete städtebauliche Entwicklung voranbringen, die der Erderwärmung angepasst ist UND Wohnraum schafft. Das ist möglich. In Mainz fehlt der politische Wille, neue Wege zu gehen. Dazu gehört, in die Höhe zu bauen und Fassaden zu begrünen. In der Stadtplanung müssen die Interessen aller Mainzerinnen und Mainzer abgebildet werden, nicht die wirtschaftlichen Interessen von Investoren. Die Bauverwaltung ist anscheinend genauso wenig wie die Stadtratsmehrheit bereit, Investoren einen klaren Rahmen vorzugeben. Selbstverständlich ist die Stellplatzsatzung hierbei ein Klotz am Bein. Sie sollte abgeschafft werden – dabei käme man Vorhabenträgern entgegen und würde den Wohnungsbau erleichtern.
Dass die SPD argumentiert, wir als Linke würden sozialen Wohnungsbau verhindern, ist natürlich Unsinn. Um den Wohnungsmarkt nachhaltig zu entlasten, müssten wir massiv in die stadtnahe Wohnbau GmbH investieren und über die Wohnbau selbst bauen. Beides sind seit Jahren Forderungen der Linken. Die SPD legt aber mit Bebauungsplänen wie dem H 98 lieber Förderprogramme für Bauinvestoren auf. Sozialer Wohnungsbau heißt oft nichts anderes, als dass Wohnungen auf Kosten der öffentlichen Hand günstig gebaut und nach Ablauf der Sozialbindungsfrist in schlechtem Zustand, aber mit hoher Rendite verkauft werden.“
Zum Hintergrund:
Die Planung sieht vor, dass auf dem Grundstück dicht an dicht 8 Wohnhäuser errichtet werden: zwei Häuser zweigeschossig, zwei Häuser dreigeschossig, vier Häuser viergeschossig. Insgesamt sollen 126 Wohnungen entstehen, ein Drittel könnten Sozialwohnungen werden („Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten“, § 9 Abs. 1, Nr. 7 BauGB). Der Plan folgt den Entwürfen des Investors, der zunähst andere Planungen vorgelegt, dann aber die Verwaltung mit einer umfangreichen Planänderung überrascht hat, die nun mit dem Bebauungsplan baurechtlich abgesichert werden soll.
Die von der Verwaltung vorgelegte Begründung des Beschlussantrages (Drucksache 1802/2024) sagt dazu:
„Im Vergleich zum letzten beschlossenen und veröffentlichten Planstand wurde dabei die Zahl der Wohneinheiten um 48 % erhöht. Dazu sollen, aufgrund der wirtschaftlichen Aspekte der Vorhabenträgerin, die Stellplätze nun oberirdisch und nicht mehr in einer Tiefgarage angeordnet werden. (…) Der Anteil der Versiegelung übersteigt den in der BauNVO genannten Orientierungswert. Darüber hinaus ist es auf dem Grundstück des Vorhabenträgers nicht vollumfänglich möglich, die für Spielplätze üblichen Anforderungen an Fläche und Qualität zu erfüllen, was jedoch im Zuge des städtebaulichen Vertrages durch eine Ausgleichszahlung zur Aufwertung umliegender Spielplätze kompensiert wird.“
Die Begründung zeigt den klaren Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Interessen des Investors und der Nutzung vorgesehener Freiflächen als Parkplätze.
Sozialwohnungen sind Wohnungen, die für den Investor besonders günstig herzustellen sind, weil er vergünstigte Kredite und Tilgungszuschüsse in Anspruch nehmen kann. Oft ist die Ausführung qualitativ nicht hochwertig. Nach Ablauf einer Bindungsfrist können die Wohnungen zu Marktpreisen verkauft oder zu gestiegenen Mietpreisen weitervermietet werden. Das kann sich nachteilig auf den regionalen Wohnungsmarkt auswirken. Die Stadtratsfraktion der Linken setzt sich deshalb für die nachhaltige Stärkung der stadtnahen Wohnbau GmbH ein, um Wohnungen in städtischer Regie zu bauen, zu verwalten und mit Ewigkeitsbindung unter städtischem Einfluss zu halten.