Politischer Aschermittwoch in Mainz

Johann Everding

Welch Stimmung bei unserem linken politischen Aschermittwoch am Karoline-Stern-Platz in der Mainzer Neustadt! Bereits vor Beginn der Veranstaltung waren so gut wie alle Sitzplätze von Schoppe trinkenden und Bretzelchen mit Spundekäs essenden Menschen belegt. Als dann die Band um Roman Erken der Menge einheizte, war die Kulturbäckerei zum Bersten voll. Wie schön!

Die Menge stimmte sich zu einer deutschen Version von Bella Ciao (dem Lied der italienischen Widerstandskämpfer*innen gegen den Faschismus) politisch auf den Abend ein. Das Publikum feierte begeistert und sang bei bekannten linken Liedern mit. Und Roman Erken sorgte dafür, dass es auch bei neuen linken Liedern textsicher wurde. Unterstützt von Percussion, Trompete und Gitarre rockte der Musiker die noch junge Kulturbäckerei. Kultur braucht Räume, an denen sie Platz findet. Durch sie drücken sich die Menschen aus und finden zueinander. Daher ist Kulturpolitik eine nicht zu vernachlässigende kommunale Aufgabe, der die Stadt Mainz noch besser nachkommen sollte.

Wenn der Tusch erklingt

Nach ein paar linken Songs legte dann Martin Malcherek, Stadtratsmitglied und unser Platz 3 auf der Kommunalwahlliste, los. In roter Fastnachtskluft mit Antifa-Narrenkappe dichtete Martin gegen die verfehlte Stadtpolitik und für eine linke Vision eines lebenswerteren und sozial gerechteren Mainz: Als 8. teuerste Stadt Deutschlands brauchen wir endlich günstigen Wohnraum in Mainz — wo Quoten für Sozialwohnungen hoch sind und eingehalten werden müssen, wo die kommunale Wohnbau GmbH keine Gewinne an die Stadt überweisen muss und die Verwaltung so ihren Haushalt durch Mieteinnahmen ihrer eigenen Bürger*innen aufbessert.

Der Wunsch nach guter Daseinsvorsorge und gerechter Machtverteilung

Einige Lacher und viel Applaus später kam dann endlich Janine Wissler mit einiger Verspätung an, denn sie hatte „den abwegigen Wunsch“, mit der Bahn nach Mainz zu fahren; die Themen liegen eben auf der Straße, bzw. auf den Gleisen...

Janine holte dann zu einem Rundumschlag gegen die soziale Ungerechtigkeit aus, gegen Superreiche, die mit ihrem Geld Politik beeinflussen und in Vergangenheit erfolgreich beeinflusst haben. So abgedroschen es klingt: Wer Geld hat, hat die Macht, durch Druck, Lobbying und zweckgebundene Spenden seine Interessen an den gewählten Parlamenten vorbei umzusetzen — für eine Gesellschaft, die aktuell die demokratische Gesinnung der Bevölkerung hoch lobt, irgendwie widersprüchlich, finden wir.

Aber die berühmte Schere zwischen Arm und Reich, sie öffnet sich Jahr um Jahr. „Die Mieten steigen und steigen. Die Dividenden aus Mieteinnahmen von Vonovia und Co. ebenso. Also wer enteignet hier eigentlich wen?“, fragte Janine provokant. Dabei ist Wohnen ein Grundbedürfnis. Die Linke fordert: Mit Wohnen sollte kein Geld verdient werden, denn Wohnen ist ein Grundrecht!

„Es gibt sie immer wieder: / Böse Arbeitgeber. / Ist mir doch egal. / Ich bin Humankapital.“        — Roman Erken

Dabei wäre es durchaus möglich, den Wohlstand sozial gerecht zu verteilen. Aber es geht nicht nur um Geld, es geht auch um Macht. Die Linke will die Demokratisierung der Wirtschaft; wir nennen das den demokratischen Sozialismus. Denn wer, wenn nicht die Angestellten selbst, wissen, was in ihrem Betrieb verbessert kann. Dann ist vielleicht auch die Deutsche Bahn in Zukunft wieder eine Bahn, auf die man sich verlassen kann. Man wird ja wohl noch träumen dürfen.